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Tierheimhunde – Anschaffung, Vorurteile und deren nähere Betrachtung

Das Bedürfnis, sich einen Hund aus dem Tierschutz zu holen, setzt sich erfreulicher Weise zunehmend durch. Im Tierheim befinden sich Hunde nahezu jeder Rasse und jeden Alters, die dringend ein beständiges und vor allem liebevolles Zuhause suchen. In den häufigsten Fällen sind diese Hunde leicht zu händeln und gliedern sich dankbar in ihre neue Familie ein.

 

Dennoch gibt es immer noch Vorurteile, was die Anschaffung eines Hundes aus dem Tierheim betrifft, die dann letztendlich dazu führen, dass dieser Gedanke wieder verworfen wird und sich Halter an einen Züchter wenden. Deshalb ist es wichtig, mit diesen Vorurteilen aufzuräumen.

 

Vorurteile gegenüber Tierheimhunden

1. Vorurteil: Der asoziale Problemfall

Viele Menschen behaupten, Hunde aus dem Tierheim seien dort, weil sie Probleme gemacht haben und nicht mehr sozialisiert werden können. Fakt ist, dass Hunde aus allen möglichen Gründen ins Tierheim kommen: Umzug, Scheidung, Zeitmangel durch neue Lebensumstände, der Tod des Besitzers, schlechte Passung usw.. Das heißt, auch vollkommen „normale“, gut erzogene Hunde landen dort. Ein Aufenthalt in einem Tierheim ist folglich noch lange kein Ablehnungsgrund für die Anschaffung, selbst wenn es dort für viele Insassen nicht leicht ist. Die Tiere wurden von ihrer Familie getrennt und wissen nicht, warum. Sie sind dauerhaftem Stress ausgesetzt und müssen damit zurecht kommen.

 

Man darf sich also nicht durch die aufgeladene Besucheratmosphäre täuschen lassen. Wenn diese Tiere in einen geregelten, ruhigeren Alltag kommen, legt sich dieser Stress meist innerhalb weniger Tage wieder und sie entspannen sich recht schnell. In manchen Fällen merkt man das bereits beim Spaziergang oder der ein oder anderen gemeinsamen Mußestunde außerhalb des Tierheims. Auch der Hund aus dem Tierschutz ist ein ganz normaler Hund mit seiner ganz eigenen Geschichte.

 2. Vorurteil: Der beratungsresistente Rentner

Immer wieder wird behauptet, man bekäme im Tierheim nur ältere Hunde und denen könne man nichts mehr beibringen. Diese beiden Aussagen sind schlichtweg falsch. 

 

Erstens gibt es selbstverständlich auch junge Hunde und Welpen im Tierheim. Und zweitens muss einfach klargestellt werden, dass jedes Lebewesen niemals auslernt. In diesem Zusammenhang sollte man sich aber generell mal die Frage stellen: Wieso eigentlich nicht?! Auch erwachsene Hunde lernen immer dazu; egal welchen Alters. 

 

Als Welpe lernen sie natürlich schneller und die Erfahrungen mit der Umwelt und ihren Artgenossen prägen sich in den ersten Lebensmonaten nachhaltig ein. Das heißt aber noch lange nicht, dass nach der Sozialisationsphase nichts mehr gelernt oder verlernt werden kann. Ältere Hunde sind sogar häufig konzentrierter und sie begreifen schneller, was von Vorteil ist. Außerdem ist bei den meisten erwachsenen Hunden der Grundgehorsam bereits gefestigt, was den Umgang mit ihnen immens erleichtert. 

 

Und ganz abgesehen davon haben sie ihre eigene, zumeist entspannte, gereifte Persönlichkeit, die sehr ansteckend wirkt. Jüngere Hunde orientieren sich in der Regel an den Älteren und übernehmen deren Verhaltensweisen. Gerade bei der Mehrhundehaltung ist dies oft von Vorteil. 

 

Es gibt in meinen Augen nichts Schöneres, als eine charmante graue Schnauze bei sich zuhause haben zu dürfen und ihr noch ein paar gute Jahre zu schenken.

 3. Vorurteil: Der minderwertige Mischling

Im Tierschutz gibt es nur Mischlinge, die eine schwierige oder gar traumatische Vergangenheit haben.

 

Das ist Unfug. Wie bereits im ersten Abschnitt erklärt, sind auch Rassehunde aus „gutem“ Hause im Tierheim untergebracht. Sie hatten einfach Pech. Und weshalb ist ein Hund eigentlich nur „hochwertig“, wenn er einen nachweisbaren Stammbaum mit adliger Ahnenreihe besitzt?

 

Allein schon der Gedanke, einen Hund als Wertgegenstand zu betrachten, lässt tief blicken. Natürlich ist ein Hund, der bei einem guten Züchter aufwachsen durfte und bereits sozialisiert ist, auch leicht zu händeln. Das heißt aber noch lange nicht, dass der aus dem Tierheim es nicht ist. Ein Mischling hat des weiteren oft den Vorteil, dass er weniger genetische Defekte hat, als sein Zuchtnachbar. Die genetische Vielfalt ist bei selbst gewählten Eltern größer, als bei einer Engzucht/Inzucht und damit auch gesünder. Manche Menschen gehen davon aus, dass Mischlinge deshalb auch intelligenter sind, als Rassehunde. Das kann ich weder bestätigen noch abstreiten. Das Lernverständnis hängt sowohl von den beteiligten Rassen, der individuellen Befähigung, Entwicklung und Erfahrung des Hundes, als auch von dem Lehrer ab. Je eindeutiger die Vermittlung der Kommandos, desto eindeutiger deren Ausführung.

 

Ein Hund kann immer nur so gut lernen, wie sein Halter es ihm ermöglicht. Der Vorteil eines Rassehundes liegt in der Information und der Beratung. Allerdings ist hierbei unbedingt zu erwähnen, dass es auch bei den Züchtern schwarze Schafe gibt, die wissentlich falsch über die Hunde beraten, um sie zu verkaufen, was dazu führen kann, dass der Hund am Ende doch im Tierheim landet. Man sollte sich hier nicht beirren lassen. Auch im Tierschutz wird man gut beraten. 

 

Man sollte jedoch Verständnis dafür haben, dass die zumeist ehrenamtlichen Mitarbeiter eines Tierheims oftmals nicht die Zeit haben, sich mit jedem Interessenten stundenlang zu unterhalten. Aber auch dort kann man alle nötigen Informationen einholen, denn es gibt immer jemanden, der sich gern über seine Schützlinge äußert.


Die Vorbereitung

Nun zum wichtigsten Punkt: Die Vorbereitung. Wenn man sich dazu entschieden hat, einen Hund zu holen - egal woher - ist es überaus wichtig, alles Wissenswerte in Erfahrung zu bringen. Lässt er sich problemlos füttern? Hat er eine erkennbare Futter- oder Beuteaggression? Kommt er mit seinen Artgenossen zurecht? Mag er Kinder oder große Familien? Kann er, wenn nötig, schon für ein paar Stunden allein bleiben? Jagt er leidenschaftlich? Ist er überhaupt an das Stadt- oder Landleben gewöhnt? Es gibt Tiere, die aus unterschiedlichen Gründen noch keine Erfahrung mit der Enge dieser Gesellschaft gemacht haben und sich im Straßenverkehr fürchten. Deshalb ist die Vorsorge das A und O. Egal, woher man sich einen Hund holt, dabei darf nichts dem Zufall überlassen werden. In der Hektik eines Tierheimalltags kommt es oft dazu, dass man sich nicht die nötige Zeit nimmt, den Hund besser kennenzulernen oder ihn mit seinen eigenen Tieren bekannt zu machen. Ein einziger Spaziergang reicht dafür nicht aus. Es ist daher unabdingbar, im Vorfeld sicherzustellen, ob der Hund zum angehenden Halter und dessen Alltag passt.

 

Hier ein paar ausgesuchte Punkte, über die man sich im voraus im Klaren sein sollte.

 1. Die Motivation

Man muss sich Gedanken darüber machen, aus welcher Motivation heraus man überhaupt einen Hund möchte. Ein Hund als Partner, Begleiter oder Familienmitglied ist eine perfekte Motivation. Auch sportliche Menschen sind mit einem bewegungsfreudigen Vierbeiner gut beraten. Generell gilt: Ein Lebewesen ist kein Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenk und sollte auch nicht vom Kind allein geführt werden! Wenn man denkt, er sei nur ein Spielkamerad für die Kinder, so sollte man sich unbedingt klar machen, dass die Bedürfnisse von Kindern schnell wechseln können, gerade wenn der Spielkamerad in Arbeit ausartet. Spätestens mit der Pubertät kann das Interesse an dem Vierbeiner nachlassen oder er wird einfach nur lästig, weil er zu viel Zeit kostet. 

 

Sehr oft kommt es dazu, dass der Hund dann bei den Eltern abgeladen wird und dann müssen jene sich um alles kümmern. Darüber hinaus sollte man Kinder nicht mit dem Hund allein hinausschicken. Sie sind meist noch nicht in der Lage, eine vorausschauende Führung zu übernehmen, was darin enden kann, dass sie mit dem Hund überfordert sind oder ihn nicht kontrollieren können. Dabei spielt es auch keine Rolle, wie groß oder klein der Hund ist. Beißvorfälle mit anderen Hunden können immer passieren und dabei ist sowohl der Hund, als auch das Kind in Gefahr. Es gibt in jedem Bundesland eine Regelung, ab wann ein Kind/Jugendlicher einen Hund alleine führen darf. 

 

Dabei darf man jedoch nicht vergessen, dass die persönliche Reife stets individuell betrachtet werden muss.

2. Die Zeit

Hat man überhaupt die Zeit, sich um den Hund zu kümmern? Er braucht täglich zwei bis drei Stunden Auslauf mit ausreichend Beschäftigung, damit er nicht unterfordert ist. Es gibt natürlich auch Hunde, die sich mit weniger zufrieden geben, sei es alters- oder krankheitsbedingt, allerdings ist das eher die Ausnahme. Hunde brauchen Beschäftigung – geistig und körperlich. Wichtig ist außerdem, dass ein Hund nicht länger als fünf bis sechs Stunden allein sein sollte. Er ist ein Rudeltier, das es nicht gewohnt ist, von seiner Familie getrennt zu sein und in diesen Phasen Angst oder gar Panik bekommen kann. Jeder Hund, der in ein neues Zuhause einzieht, muss das Alleinsein lernen, wenn er es nicht schon vorher verinnerlicht hat.

 

Das führt zum nächsten wichtigen Punkt: Wie sieht es mit Urlaub aus? Ist man bereit, sein vierbeiniges Familienmitglied immer mitzunehmen? Oder möchte man ihn in der Zeit lieber bei jemandem unterbringen, den er gut kennt und bei dem er sich auch wohlfühlt? Im Idealfall hat man den Hund bereits vor dem Urlaub schon für die ein oder andere Nacht dort untergebracht und er kennt den Ablauf schon. Wenn man all dies geregelt hat, kann man eine Menge Probleme bereits im Vorfeld im Keim ersticken.

 3. Die Familie und das neue Heim

Es muss sichergestellt werden, dass wirklich jedes Familienmitglied mit der Anschaffung des neuen Hundes einverstanden ist. Hunde merken immer, wenn sie nicht erwünscht sind und das bereitet ihnen Stress. Jedes Familienmitglied muss den Hund kennenlernen, damit man erkennt, ob die Chemie stimmt. Ist dieser Schritt erfolgreich vollzogen, kann der neue Hund einziehen.

 

Dabei ist es wichtig, dass er einen Platz bekommt, an dem er immer in Ruhe gelassen wird. Hunde suchen sich ihre Plätze selbst aus. Sie liegen meist an einer Stelle, von der aus sie alles im Auge behalten können, aber nicht unbedingt mitten im Geschehen liegen. Hat der Hund ein paar Lieblingsorte für sich gefunden, so muss für alle in der Familie gelten: Dort ist die Ruhezone. Wenn der Hund schläft oder ruht, dann sollte man ihn nicht dabei stören; das müssen auch die jüngeren Familienmitglieder begreifen. Der Hund muss wissen, dass er dort sicher ist und nicht ständig angefasst oder sogar herausgeholt wird. Er kann sich erschrecken oder gestört fühlen und wird das auch durch Beschwichtigungssignale zum Ausdruck bringen. Reagiert man nicht darauf, wird sich das Verhalten verstärken und er wird irgendwann abwehren. Hunde müssen viel ruhen, sonst sind sie unausgeglichen und angespannt. Das wiederum wirkt sich negativ auf ihr Verhalten aus. 

 

Das heißt jedoch nicht, dass man jedes Mal einen riesigen Bogen um den Hund machen muss, sobald man sich seinem Platz nähert. Es gilt einfach nur, dass es einen Ruheplatz gibt, der von allen als genau dieser respektiert wird.

4. Andere Haustiere

Es ist unerlässlich, die eigenen Tiere mit dem neuen Hund bekannt zu machen. Das heißt nicht, dass man einmal bei schönem Wetter mit ihnen gemeinsam Gassi geht, sondern dass man sich länger mit ihnen beschäftigt, um sicherzustellen, dass es zwischen den Tieren wirklich reibungslos klappt. Rüden und Hündinnen verstehen sich nicht immer blind. Das ist ein Mythos. Genau wie der Welpenschutz. Wie bei Menschen auch entscheidet letztendlich die Nase, ob man sich mag oder nicht.

 

Man muss darauf achten, wie die Hunde miteinander agieren. Spielen sie ausgelassen? Wirken sie auch außerhalb des Spiels entspannt und können ruhig nebeneinander Gassi gehen? Gehen sie sorgsam miteinander um? Wenn ja, dann ist es an der Zeit, den neuen Bewerber für eine Weile mit nach Hause zu nehmen und zu überprüfen, wie er sich dort verhält. Gliedert er sich ein und fühlt sich das eigene Tier mit der Situation wohl, dann ist alles in Ordnung. Wird einer der beiden Hunde von dem anderen gemobbt oder ähnliches, sollte man entweder eine fachkundige Beratung zurate ziehen und herausfinden, weshalb das Problem vorliegt oder sich vielleicht doch für einen anderen Hund entscheiden.


Probleme

Wenn nach einer gewissen Zeitspanne doch Probleme mit dem neuen Familienmitglied auftreten, kann das sehr unterschiedliche Ursachen haben. Oft hängt es mit einer falschen Passung zusammen. Der Halter hat sich schlichtweg den falschen Hund für seine Aktivitäten und seinen Lebensstil ausgesucht und/oder ist falsch beraten worden. Der Fehler liegt hier in der Regel auf beiden Seiten. Das Verständnis für die Rasse bzw. für die beteiligten Rassen des Hundes ist wichtig, um die Bedürfnisse und Tendenzen herauszufinden. Wird hier nicht richtig vorgearbeitet, passiert es rasch, dass man vor Problemen steht, die auf den ersten Blick unlösbar erscheinen. Das ist aber nur selten der Fall. Man kann fast jedes Problem minimieren oder ganz beseitigen, wenn man liebevolles Verständnis, Zeit und Geduld investiert.

 1. Futter-/Beuteaggression

Der Hund hält angespannt inne, knurrt oder schnappt ab, wenn er frisst oder ein Spielzeug hat und man sich ihm nähert. Weshalb? Er hat gelernt, dass ihm seine Beute oder sein Futter von anderen weggenommen wird, wenn er es nicht verteidigt. Das passiert häufig, wenn man den Hund nicht in Ruhe fressen lässt, ihn aufgrund von fragwürdigen Dominanz-Theorien ständig sein Futter oder sein Spielzeug wegnimmt oder er seine Ressourcen nur über einen kurzen Zeitraum behalten darf, bevor man sie ihm wieder entreißt usw.. Deshalb muss man dem Hund vermitteln, dass diese Angst unbegründet ist.

 

Seine Sachen gehören ihm. Punkt. Wenn man sich ihm nähert, kann man ihm ein Leckerchen zuwerfen, damit er merkt, dass das Annähern keine Gefahr für seine Schätze bedeutet. Man sollte immer ruhig und entspannt in der Gegenwart bleiben und ihn stets bestätigen, wenn er sich ebenso verhält. Wenn man dem Hund etwas wegnehmen muss, kann man ihm im Gegenzug einen Tausch anbieten, in dem er ein Leckerchen erhält, sobald man ihm etwas abnehmen möchte. Sinnvollerweise anhand eines einfachen Abgabe-Kommandos. Während dieses Prozesses muss gewährleistet sein, dass ansonsten keine Spielzeuge, Essensreste und Leckerchen herumliegen, die dieses Training gefährden könnten.

 

Gerade, wenn andere Tiere mit im Haus wohnen! Die Fütterung mehrerer Tiere ist mit einem Sicherheitsabstand zu regulieren, damit sich keiner von beiden in seiner Nahrungsaufnahme bedroht sieht. Wenn man Leckerchen gibt, sollten diese gleichzeitig an alle Beteiligten verabreicht werden, sofern nicht mehr Hunde als Arme zugegen sind, sonst schürt man nur die Futteraggression.

 2. Probleme bei Besuch

Der Besuch von netten Menschen oder der großen Familie ist doch für jeden immer angenehm. Oder etwa nicht? Welpen bringt man bei, dass jeder Besucher ein Leckerchen für ihn bereit hält und daher immer eine ganz tolle Sache ist. Aber alles nicht überschwänglich, sondern normal und ruhig. Man lebt ihnen vor, dass es zum Alltag gehört, ab und zu Besuch zu erhalten.

 

Es gibt aber Hunde, die dieses Training nie hatten und diesem ganzen Trubel einfach nicht gewachsen sind. Sie wollen aus unterschiedlichen Gründen stets dabei sein und sicherstellen, dass alles in Ordnung ist. Das Problem hängt meistens mit den Haltern selbst zusammen, weil diese zu gestresst und nervös sind und sich deren Gefühle stets auf den Hund übertragen. Das führt dazu, dass der Hund gar nicht mehr zur Ruhe kommt und aufgrund des Stresses möglicherweise negativ auf Dinge reagiert, die er normalerweise tolerieren würde.

 

Ein normales Training wie bei einem Welpen kann hier schon abhelfen und der Ruheort im Körbchen sollte auch stets angeboten werden, sobald der Hund den Gast begrüßen und „abchecken“ durfte. Sollte der Hund jedoch bereits sein Stresslimit erreicht hat und sich durch diese Dinge nicht beruhigen lässt, bietet sich ein Ruheort an, der von den Besuchern abgegrenzt ist (beispielsweise durch ein Kindergatter, das man an den angrenzenden Bereich des Ruheplatzes anbringt). Es ermöglicht dem Hund, alles im Blick zu behalten, aber dabei in sicherem Abstand zu bleiben. Dort gibt es Trinken, Essen und Spiel- oder Knabbersachen, um sich auch wohlzufühlen. Diese Ruhezone muss schon im Vorfeld bekannt sein, sonst dauert es mitunter ewig, bis der Hund es als solche versteht und im schlimmsten Fall fühlt er sich dort eher gefangen, als wohl.

 

Dem kann man vorbeugen, indem man dem Hund immer wieder im Vorfeld dort sein Fressen gibt oder nur ganz spezielle Leckereien und ihn dann dort lässt, bis er fertig genossen hat. Es ist kein Strafort, sondern ein Rückzugsgebiet. Somit verknüpft er mit diesem Ort etwas Angenehmes, das er in Ruhe genießen kann, ohne dass er von außen beeinflusst wird. Das ist nur eine von vielen Möglichkeiten.

 3. Ziehen an der Leine

Wenn der Hund noch nicht leinenführig ist, kann das viele Ursachen haben. Die Leine ist beispielsweise kürzer als drei Meter und/oder der Hund trägt kein Geschirr. Aber wie bei den meisten Problemen ist die Ursache am anderen Ende der Leine zu suchen. Schon Welpen bringt man das Ziehen bei.

 

Ohne Angabe eines Weges oder Zeichens wird der Hund in die Richtung gezogen, in die man selbst gerade gehen möchte. Der Mensch zieht den Hund an sein Ziel und erwartet, dass der Hund dasselbe nicht tut, obwohl der Umkehrschluss genau das ergibt. Deshalb gilt, dass man dem Hund von Anfang an einfach anzeigt (durch Sicht- und Hörzeichen), wohin die Reise geht und das, bevor er in Zug gerät. Das kann man natürlich nur auf einer freien Fläche üben mit einer Schleppleine, indem man, immer bevor er in die Leine knallt, kurz den Namen ruft und per Handzeichen und der Aufforderung dort weiterzugehen, die Richtung ändert.

 

Dieses Training sollte allerdings mit einem ausgeglichenen Hund beginnen, der sich bereits ausgetobt und gelöst hat und nicht beim ersten großen Gang in den Wald. Hierbei ist das kommunikative Spazierengehen unerlässlich! Sobald der Hund verinnerlicht hat, dass man mit ihm kommuniziert, seine Signale versteht und sich mit ihm abspricht, wird er sich nur noch nach dem Halter richten und abwarten bzw. anfragen, wohin es geht.


Alles in allem ist die Anschaffung und Erziehung eines Hundes aus dem Tierschutz kein Hexenwerk. Es ist einfach wichtig, sich im voraus über alles im Klaren zu sein und es mit dem Training nicht zu übertreiben. Der Besuch einer Hundeschule ist kein Zwang und in vielen Fällen gar nicht nötig. Ruhe, Gelassenheit, liebevolle Konsequenz und Verständnis sind das Wichtigste bei der Erziehung eines Hundes. Ist man unsicher, angespannt und ängstlich, wird sich das auf den Hund übertragen und gegebenenfalls über kurz oder lang zu Verhaltensauffälligkeiten beim Hund führen.

 

Man sollte sich stets auf sein Bauchgefühl verlassen und bei Problemen oder Unsicherheiten einen Fachmann zurate ziehen, der bereit ist, alle Fragen zu beantworten und seine Herangehensweise zu erklären. Man darf nicht zulassen, dass der eigene Hund mit Gewalt und veralteten Dominanztheorien unterdrückt und verängstigt wird, denn dann verliert man sein Vertrauen und die Bindung. Ohne Vertrauen und eine liebevolle Bindung hat man nur einen unglücklichen, zum Teil sogar unberechenbaren Befehlsempfänger an seiner Seite, dessen tolle, lustige und erstaunliche Charakterzüge man niemals kennenlernen wird. Jeder Hund, ungeachtet seiner Herkunft, ist eine große Bereicherung und ein aufmerksamer, dankbarer, treuer, ehrlicher Freund, von dem man eine Menge lernen kann.

 

mit der Autorin Christin Bierwisch

 

Wichtige Lektüre:

  1. Stress bei Hunden von Martina Scholz und Clarissa von Reinhardt
  2. Da muss er durch! von Thomas Riepe
  3. Das Alpha-Syndrom von Anders Hallgren
  4. TierHEIM – Schicksal oder Chance?! von Sabine Neumann
  5. Calming Signals von Turid Rugaas